librevoll: Blender - Stefan Heller - The Cosmic Christ

Mein Name ist Stefan Heller, ich habe von 2004-2010 Freie Kunst an der ABK-Stuttgart in der Klasse Roob studiert, beruflich bin ich freischaffender Künstler und gebe Kunstkurse, seit 2015 bin ich auch mit dem Lehrauftrag „experimentelle Computeranimation“ an der ABK Stuttgart vertreten. Die letzten 7 Jahre schon arbeite ich intensiv am Experimentalfilm „The Universal Christ – Unio Mystica“, von dem es erste Ausschnitte auf Instagram und bald auch meiner Homepage hellerart.de zu sehen gibt. Der Film vereint zwei meiner Leidenschaften, experimentelle Computeranimation und spirituelle Weltbilder, Mythen, Märchen, Symbole, Alchemie. So habe ich etwa auch zwei Jahre in einem Yoga-Ashram in Bad Meinberg verbracht und bin von der nondualen Vedantalehre begeistert.

Der einstige Froschkönig Blender – mit Version 2.8 wurde ein Star geboren

Zu Blender fand ich ca. 2014, als ich damals nach einer günstigeren Alternative zu den meist doch recht kostspieligen anderen 3D-Programmen online suchte. Mir war Blender grundsätzlich sympathisch, auch wenn es sich anfangs noch teils ungelenk, ja altmodisch oder unfertig anfühlte (Eher langsamer Renderprozess und immer mit Grieseln versehen, Layerlimit von 20, Menü altmodisch…).
Doch ich blieb, da es viele andere Bereiche von Blender gab, die ich von Anfang an liebte, so etwa dass man in Blender auch immer die 3D-Ansicht eins zu eins so rendern kann, wie sie gerade aussieht, also mit sämtlichen Bearbeitungsmarkierungen und Hilfsobjekten – das beflügelte meine experimentelle Arbeitsweise sehr. So liebte ich auch von Anfang an das Modifier-System, das extrem flexibel ist und bezüglich künstlerischer Freiheit deutlich mehr kann, als so mancher kommerzieller Konkurrent wie z.B. 3ds Max. Ich erlebte Blender von den Funktionen als sehr offen und dazu auch noch Open Source, in einer großen Community international entwickelt, was ich sehr sympathisch fand.
All die oben genannten Anfängerkrankheiten schüttelte Blender dann Mitte 2019 mit dem 2.80 Release großteils ab und bis zur heutigen Version 3.5 wirklich vollständig. Blender bekam mit der Version 2.8 eine komplett neue Bedienoberfläche, die Render-Engine Cycles hat inzwischen einen AI-Denoiser spendiert bekommen, wurde mit Cycles X kürzlich um den Faktor 2 beschleunigt und fühlt sich jetzt endlich rasend schnell an – vorausgesetzt man hat eine leistungsstarke und kompatible Grafikkarte (will man Cycles voll ausreizen ist mindestens eine RTX 2080 oder neuer zu empfehlen).
Mit den Geometry Nodes wurde das Modifier-System in Blender nun auf ein völlig neues Level katapultiert. Grob gesagt eröffnet das neue System die Möglichkeit sämtliche Bau-Blöcke von Blender in Form von „Nodes“ frei zu kombinieren – eine Art unglaublich flexibles optisches Programmiersystem.
Ganz besonders liebe ich hierbei den Boolean-Modifier, den es in Blender seit jeher gibt und dessen Einsatzmöglichkeiten immer flexibler wurden. So kann man in Blender auch animierte, sich deformierende Objekte (z.B. ganze animierte Figuren) vom Volumen anderer Objekte subtrahieren lassen oder auch die Schnittmenge berechnen und so unglaublich surreale, wabernde, fließende, mitunter kubistisch anmutende Welten erzeugen lassen.
Mit Filmproduktionen wie Next Gen auf Netflix (in Blender gemacht) stieg Blender nun endgültig in den Olymp der großen 3D-Programme auf und wird von immer mehr Studios genutzt, wegen der vielen neu hinzugekommenen Zeichenfunktionen auch oftmals im asiatischen Trickfilmbereich.
Blender kommt mir also bei meiner offenen, auf den künstlerischen Prozess ausgerichteten Arbeitsweise mehr als entgegen und ich habe nie wieder andere 3D-Programme vermisst. Blender wurde unglaublich gut und lässt selbst für mich nach über 20 Jahren Erfahrung mit 3D Programmen keine Wünsche mehr offen.

Meine Arbeitsweise:

Ich beginne meist mit kurzen Ideenskizzen in Wort und Bild, meist mit Kuli oder Bleistift, was gerade zur Hand ist, Animationsideen, die ich dann in Blender beginne umzusetzen.
So erzeuge ich viele Versatzstücke, die ich in einem Fundus sammle und sortiere. Diese Versatzstücke können 3D-Animationen, kurze Loops, 3D-Objekte, Naturfotos, Videoaufnahmen von Miniaturen vor dem Bluescreen, manchmal Markerzeichnungen oder Aquarelle sein.
Aus diesen Versatzstücken entstehen nach und nach längere Animationssequenzen in vielen vielen Schichten, die ich dann mit After Effects zusammensetze.
Dabei arbeite ich stets aus dem Prozess heraus, nutze kein klassisches Storyboard und lasse auch „glückliche Zufälle“ einfließen – bürste sämtliche PC-Programme sozusagen gegen den Strich, bin gleichsam Alchemist auf der Suche nach digitalen Artefakten und Kuriositäten.
Ich pflanze die Versatzstücke etwas poetisch gesprochen wie in einem Beet ein, bis sie irgendwann beginnen zu wachsen und zu wuchern, sich vernetzen, verschalten und ich als Künstler bin da dann meist selbst ganz überrascht, was da plötzlich auf dem Beet, sprich der Timeline entsteht.
Das ist dann das schönste an der Arbeit, wenn es ein Eigenleben gibt und das Kunstwerk das Ruder übernimmt. Ich habe dann eher den Eindruck digitale Fossilien freizulegen, als noch willentlich etwas zu machen.
Daraus ergab sich dann auch meine spezielle Arbeitsweise ohne Schnitte zu arbeiten. Sämtliche Filme von mir sind eine einzige fortlaufende Metamorphose, ohne einen Schnitt, ein Kosmos der immer weiterwächst.
Meine Ästhetik speist sich hierbei aus sämtlichen Eigenarten der Computergrafik, der ich als maximalen Kontrast Aufnahmen von Miniaturen und Fundobjekten aus der Natur gegenüberstelle, z.B. Holz, Feuer, Rauch, Makrokristalle, Zeitraffer und Zeitlupen. Oftmals gibt es hier hinter den Kulissen aufwendige Fischertechnikmechaniken. So führe ich dann digitale Welten und Natur zusammen und sehe beides in einer Symbiose.