Ich lernte Blender durch Kurse bei Stefan Heller und Oliver Wetterauer an der ABK Stuttgart kennen. Für mich erschien es damals als ein flexibles, multifunktionales Medium. Die durch das Koordinatensystem und den Kubus repräsentierte Leere eines unendlichen Raumes, der Welten ohne die Sperrigkeit und Belastungen von Gegenständen im wirklichen Raum verhieß, zogen mich an. Ich wusste sofort, dass ich mit Blender weiter experimentieren würde, denn hier konnte ich mir eine unreale Welt bauen, die ich überallhin transportieren konnte, in andere Medien, Welten, Räume. Aus Stefans Kurs nahm ich vor allem auch die flexible Interaktion zwischen Blender und anderen Programmen mit und den experimentellen (aka anarchischen) Umgang mit Programmfunktionen.
Das war noch vor Blender 2.8. Die Vorgängerversion erschien mir wie ein außerirdischer Organismus, den es zu entschlüsseln galt. Mir gefiel tatsächlich die sperrige, "nicht-optimale" Bedienung. Nach zahllosen Renderstunden und einem nie nachlassenden Wundern über die unerwarteten Glitches in meinen Resultaten, die mir für meine Arbeit aber sogar wichtig erschienen und mit denen ich auch gezielt arbeitete, kam dann Blender 2.8., und ich kaufte mir eine kompatible Grafikkarte. Seitdem sind nicht nur meine Arbeitsprozesse glatter, sondern auch meine Renderresultate. So bin ich nicht mehr gezwungen, dem inhärenten Rauschen meiner gerenderten Sequenzen nachzugehen. Ich habe weniger Zeit, während der Renderprozesse über meinen künstlerischen Prozess nachzusinnen. Aber dafür ein bisschen mehr Platz, um den künstlichen Raum, der in meinen Projekten entsteht, zu verstehen und auch theoretisch zu reflektieren, wie ich das jetzt für mein PhD-Projekt tue.
Zur Zeit nutze ich Blender in Verbindung mit der Unreal Engine, um den virtuellen Museumsbesuch eines klassischen Kunstmuseums im Rahmen eines Ego-Shooters zu interpretieren. Mein Interesse gilt und galt der (Re-)Konstruktion dreidimensionaler Räume, wobei es sich dabei um Bildräume, soziale Räume, historische Räume oder auch theoretische Räume handeln kann. Auch durch Störungen und Fehler versuche ich das digitale Medium erfahrbar zu machen, das sonst in den perfekten Oberflächen zu verschwinden droht. Der virtuelle Bildraum von Gemälden der frühen Neuzeit sprengt so den virtuellen Bildraum des virtuellen Museums selbst, indem Betrachterstandpunkte ständig verschoben und durch die digitale Kamera aufgelöst werden.
Blender spielt für diese Methode eine entscheidende Rolle, da bei der Übersetzung von in Blender modellierten Gegenständen und Räumen in die Unreal Engine einiges schiefgeht, sperrig bleibt und so auch das, was hinter den digitalen Oberflächen steckt, sichtbar gemacht wird.